29. April 2009

Shermer in Austin

Michael Shermer von der Sceptics Society war in der Stadt und Heather hatte Karten besorgt. Zusammen mit anderen Wissenschaftlern hat er an einer Debatte zum Thema "Was Darwin wrong?" teilgenommen. Auf der anderen Seite waren zwei Wissenschaftler von der Organisation "Reasons to Believe", die ihre eigene Theorie vorgestellt haben: Hugh Ross und Fazale Rana.

Die beiden haben überwältigende Präsentationen vorgelegt, mit denen sie darstellen wollten, daß die wissenschaftlichen Entdeckungen auf einen intelligenten Erschaffer hinweisen. Ich habe mich während ihrer Präsentationen im Stuhl gewunden, denn sie haben die gesamte Kosmologie und die wissenschaftlichen Erklärungen alle aus der Bibel. Als wäre die Bibel ein wissenschaftlicher Almanach, der erklärt, wie die Welt entstand. Wenigstens zweifeln sie nicht daran, daß das Universum 14 Milliarden Jahre alt ist, aber alles was sie sagten, kam aus der Bibel. Und die Passagen, auf die sich stützten, waren alle sehr schwammig. Ist der Hinweis, daß Gott "das Himmelszelt ausbreitete", wirklich ein Beweis für den Urknall? Und sie wollen genetisch alle Menschen auf einen Mann und ein Frau zurückführen (Adam und Eva eben). Sie haben das sehr professionell und ruhig vorgetragen, doch selbst ich hätte viele der Argumente sofort angreifen können, zum Beispiel den alten Hut vom "feingetunten Universum", in dem es hunderte von Konstanten gibt, die alle den richtigen Wert haben müssen, damit das Universum in seiner jetzigen Form überhaupt bestehen kann. Was für ein Schwachsinn. Das Universum ist wie es ist, weil die Konstanten so sind, wie sie sind. Wären sie anders würde das Universum eben anders aussehen, oder gar nicht existieren. Ich hatte das Beispiel ja schon einmal:
Im Winter füllt sich ein Loch im Boden mit Regenwasser. Das Wasser gefriert und jemand nimmt den ungleichmäßig geformten Eisblock heraus, schaut ihn sich an und ruft erstaunt aus: "Seht nur, wie perfekt dieser Eisblock in das Loch passt. Wenn er nur ein wenig anders geformt wäre, würde es nicht klappen. Welcher Schöpfer mag dieses Loch so ausgehoben haben, daß dieser Eisblock perfekt hineinpaßt? Es kann unmöglich Zufall sein..."
Und ein non sequitur reihte sich an den nächsten: wir können A nicht wissenschaftlich erklären, es muß also Gott gewesen sein.
Am Schlimmsten aber fand ich, daß sie versucht haben eine wissenschaftliche Theorie zu formen, also ihre Thesen testbar und falsifizierbar zu machen. Und sie wollten auch Vorhersagen machen, was wir in der Zukunft herausfinden werden.
Aber es war so lächerlich, denn all ihre Vorhersagen und Annahmen sind genau das, was konventionelle Wissenschaft schon seit langem postuliert. Es ist also bereits klar, daß das, was sie sagen, stimmt. Und dann suchen sie nach Passagen in der Bibel, die irgendwie unterstützen, was sie sagen, lassen die Passagen, die etwas anderes sagen, weg - und voila: die Bibel stützt die Erkenntnisse, die wir heute haben. Was für einen Sinn machen Vorhersagen, wenn wir sie erst nach einem Ereignis als solche erkennen? Wenn ich weiß, was die Antwort ist, kann ich auch die richtigen Fragen stellen, das ist ja nun wirklich keine Kunst. Und ich dachte mir: fällt das denn sonst keinem auf? Aber keine Angst, es fiel auf.

Michael Shermer trat ans Mikrofon und watschte die beiden derart ab, daß es schon fast traurig war. Er nannte ihre Vorhersagen "Postdiction" anstelle von "Prediction". Natürlich kann ich nach einem Geschehen vorhersagen, daß es passiert. Auch bei Nostradamus fand sich eine Passage über 9/11, aber die wurde natürlich erst hinterher gefunden. Dann ging er einige Bibelpassagen durch und zeigte, wie sehr sie aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Und die Frage, warum denn die tausend anderen Schöpfungsmythen, die häufig das gleiche sagen wie die Bibel, nicht in Betracht gezogen werden, war auch gut. Mit anderen Worten, er zeigte sehr klar, daß es um Religion und nicht um Wissenschaft geht. Für jede wissenschaftliche Entdeckung wird im Nachhinein eine Bibelstelle gefunden und dann gesagt: "Das steht in der Bibel! Quantenmechanik wurde schon vor 3000 Jahren verstanden!" Ich war wirklich entsetzt, daß das als Wissenschaft durchging. Der erhabenste Mann des Abends war ein Professor für Physik und Astronomie, der an der UT sehr angesehen ist. Er sagte dann nur irgendwann sehr müde: "Zeigen Sie uns bitte etwas, daß die Wissenschaft nicht schon lange ohne göttliches Eingreifen entdeckt hat." Da war Stille am Tisch und im Saal. Der Satz wog schwerer als die ganze Präsentation von Shermer.
Hier ist noch ein Video, in dem Shermer mit Kent Hovind (der mit dem Kentucky Creation Museum berühmt wurde). Hovind ist ein Young Earth Creationist, also ein noch leichteres Ziel, aber er ist auch ein guter Redner. Sehenswert...

1 Kommentare:

Blogger T. sagte...

Ob die Befürworter solcher "Bibeltheorien" die Gegenargumente nicht verstehen, noch nicht kannten oder nicht verstehen wollen? Falls ihnen der eigene Schwachsinn klar ist - was wollen sie eigentlich erreichen? Welchen persönlichen Nutzen haben sie?

15:34

 

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